James Cone  

  

Biographie

James H. Cone wurde 1938 geboren und wuchs zur Zeit der Rassentrennung in Bearden, Arkansas, auf (Cone 2010: 151). Er wurde in einer ländlichen Schwarzen Kirche religiös sozialisiert (Cone 2011: xv). Seit 1969 war er Professor für Systematische Theologie am Union Theological Seminary. Mit seinen Werken prägte er die Schwarze Theologie maßgeblich (Dahling-Sander 2003: 185). Cone starb 2018 in New York. 

Einflüsse

Der gesellschaftlich-politische Kontext Cones und der Entstehung der Schwarzen Theologie hat ihren Ursprung vor dem geschichtlichen Hintergrund der Sklaverei, sowie der von Cone erlebten Rassentrennung und Praxis der Lynchmorde (Lincoln 1974: 19f.). Auch nach der offiziellen Abschaffung der Rassentrennung in den USA im Jahr 1964 bestimmte Rassismus [1] den Alltag der Schwarzen (Cone 2011: xvi; Vgl. auch: Cone 1982: 8. und Cone 1986: 10ff.). 

Vor diesem Hintergrund entsteht die Bewegung der Black Power als „angemessene Antwort auf den weißen Rassismus“ (Cone 1971: 13). Cone beschreibt sie als die „völlige Emanzipation der Schwarzen von weißer Unterdrückung – durch jedwedes Mittel, das Schwarzen dafür notwendig erscheint.“ (Ibid.: 14, Hervorhebung im Original). Black Power bedeutet also Empowerment der Unterdrückten (Vgl. Ibid.: 13-17), wobei Macht und Gewalt im Zentrum der Diskussion stehen. 

Besonders zu Beginn seiner akademischen Laufbahn beschreibt Cone sich als sehr von der nordamerikanischen und europäischen Perspektive auf Theologie geprägt (Cone 1982: 10). Diese kritisiert er aber dafür, dass sie blind ist für das Leiden der Schwarzen und deren Widerstand. Er wendet sich deshalb davon ab, Wissenschaft vor allem rationalistisch zu betreiben: „Theology is not only rational discourse about ultimative reality; it is also a prophetic word about the righteousness of God that must be spoken in clear, strong, and uncompromising language” (Cone 1986: xiv) [2]. So stellt er auch die Kriteriologie weißer Theologie infrage. Stattdessen erkennt er Erfahrung, Emotionalität und Betroffenheit als legitime und wichtige Quellen für das Theologietreiben (Cone 1986: xiv; Cone 1971: 71).

In späteren Werken bezieht Cone sich mehr auf Schwarze religiöse, literarische und politische Quellen (Gautier 2020: 392; Cone 1982: 12). Dabei ist er auch stark beeinflusst von Martin Luther King, Malcom X, und James Baldwin (Cone 2011: xvii; s. auch Gautier 2020: 90).

Theologie

Cone versteht Theologie grundsätzlich als kontextuelle Theologie und somit als eine an bestimmte historische Orte und Gegebenheiten gebundene Theologie: „Theology is not universal language about God. Rather, it is human speech informed by historical and theological traditions, and written for particular times and places. Theology is contextual language – that is, defined by the human situation that gives birth to it. No one can write theology for all times, places, and persons” (Cone 1986: xiii; Cone 1982: 9; vgl. auch Lincoln 1974: 17). Theologie richtet sich nach Cone somit auch immer an eine bestimmte Hörer:innenschaft (Cone 1986: xxi). Die wichtigsten Quellen seiner kontextuellen Theologie sieht Cone in der Bibel und im Schwarzen Befreiungskampf (Cone 1986: xxi). 

Theologiegeschichtlich lässt sich Cone als einer der ersten Vertreter der Schwarzen Theologie verorten, die eine „andere, radikale Form der Befreiungstheologie“ (Sölle 1990: 130) darstellt. Sie nimmt die Perspektive der Unterdrückten ein und reflektiert die rassistische Unterdrückung theologisch. Ihre Entstehung erfolgt vor dem Hintergrund einer Gesellschaft, die Schwarzen Menschen ihre Menschlichkeit abspricht (Cone 1984: 6). Ihr Anspruch ist die Formulierung einer theologischen Grundlage, „auf der der christliche Glaube gegenüber Schwarzen glaubwürdig zu bewähren“ (Dahling-Sander 2003: 186ff.) ist und die Schwarzen Menschen dabei hilft, angesichts der rassistischen Unterdrückung zu überleben (Cone 1982: 7-10). Die Schwarze Theologie steht dabei in der „Tradition des Black Social Gospel, der Bürgerrechts- sowie der Black Power-Bewegung“ (Gautier 2020: 389f., vgl. Auch: Cone 2011: xvi.). 

Somit kann die Theologie Cones auch als positionelle und erfahrungsbasiert-kontextuelle Theologie beschreiben werden (Vgl. Sölle 1990: 134), indem er sich nicht nur in einem spezifischen Kontext verortet, sondern sich auch ganz explizit von anderen theologischen Traditionen abgrenzt und so nicht nur theologisch, sondern auch gesellschaftlich-politisch Position bezieht. Der Anspruch an seine Theologie besteht für Cone darin, eine Theologie für die Schwarze Gemeinschaft zu entwickeln und deren Erfahrungen und Bedürfnisse zu reflektieren (Cone 1986: xiv). Cone füllt theologische Konzepte, auch seine theologische Mitte, die Christologie, mit gesellschaftlich-sozialen Begriffen. So versteht er Christus als Befreier der Schwarzen Unterdrückten (Cone 1982: 94f.), Rassismus als Sünde (Gautier 2018a: 2), zwischen Evangelium und Rassismus sieht er einen unüberwindbaren Widerspruch (Cone 1971: 41; vgl. auch Gautier 2020: 390). Die Grundfrage, die er in seiner Theologie stellt, lautet: „Was hat das Evangelium mit den Unterdrückten und ihrem Befreiungskampf zu tun?“ (Cone 1982: 13). Christliche Existenz besteht somit in politischem Protest gegen Unterdrückungsstrukturen.

Werk

Die Hauptwerke Cones sind:

  • Black Theology and Black Power (1969) (deutsch: Schwarze Theologie. Eine christliche Interpretation der Black-Power-Bewegung.)
  • A Black Theology of Liberation (1970, 2. Auflage 1986) 
  • God of the Oppressed (1975) (deutsch: Gott der Befreier)
  • The Cross and the Lynching Tree (2011) (deutsch: Kreuz und Lynchbaum)


Weitere Werke sind:

  • The Spirituals and the Blues. An Interpretation. (1972)
  • For my People. Black Theology and the Black Church (1984)
  • Speaking the Truth: Ecumenism, Liberation and Black Theology (1986)
  • Martin & Malcom & America: A Dream or a Nightmare? (1992)
  • Risks of Faith: The Emergence of a Black Theology of Liberation (1999)
  • My Soul Looks Back (1992)
  • Said I wasn’t gonna tell nobody: the making of a Black theologian (2018)


Cone richtet sich in seinen Schriften vor allem an Schwarze (Vgl. Cone 1986: vii; Cone 1984: 3). Weiße können sein Anliegen nur dann angemessen verstehen, wenn sie ihre Weißheit zu „hassen“ beginnen und fragen „How can we become black?“ und Rassismus ablehnen (Cone 1986: vii; Vgl. auch: Cone 2010: 153).

Rezeption und Kritik

Cone wird als Mitbegründer der Schwarzen Theologie rezipiert (Gautier 2018b). Von Seiten der Schwarzen feministischen Theologie wurde er dafür kritisiert, patriarchale Unterdrückungsstrukturen nicht genügend zu reflektieren. Diese Kritik nimmt er in seinem Werk „A Black Theology of Liberation“ auf. Als weitere Kontexte, die er nicht ausreichend reflektiert, benennt selbstkritisch globale Unrechtsstrukturen und Klassismus. Darüber hinaus reflektiert er seine methodologische Abhängigkeit von der Theologie Karl Barths kritisch (vgl. Cone 1986: xvii ff.).

[1] Cone definiert Rassismus im Anschluss an Webster: „Rassismus ist nach Webster die ‚Annahme, daß psychokulturelle Merkmale und Eigenschaften bestimmt sind durch die biologische Rassenzugehörigkeit, und daß sich Rassen wesentlich voneinander unterscheiden, - eine Annahme, die gewöhnlich verbunden ist mit dem Glauben an die ererbte Überlegenheit einer bestimmten Rasse und ihr Recht zur Beherrschung anderer‘“ (Cone 1971: 24). Rassismus hat sowohl eine individuelle als auch eine strukturelle Dimension. Zur Funktionsweise von Rassismus auch im Kontext der Theologie s. Lincoln 1974: 21f.

[2] So auch Cone 1971: 10f. Cone beschreibt hier seine Haltung als die „eines zornigen schwarzen Mannes, der angewidert ist von der Unterdrückung der Schwarzen in Amerika und der akademischen Forderung, das doch ‚objektiv‘ zu betrachten.“

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Literatur

Cone, James H. (1971): Schwarze Theologie. Eine christliche Interpretation der Black-Power-Bewegung. München: Kaiser.

 

Cone, James H. (1982): Gott der Befreier. Eine Kritik der weißen Theologie. Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz: Kohlhammer. 

 

Cone, James H. (1984): For My People. Black Theology and the Black Church. New York: Orbis Books.

 

Cone, James H. (19862): A Black Theology of Liberation, New York: Orbis Books.

 

Cone, James H. (2010): The Relationship of the Christian Faith to Political Praxis. In: Say it Loud. Great Speeches on Civil Rights and African American Identity. Hrsg. von Ellis, C.; Smith, S. D., New York: The New Press.

 

Cone, James H. (2011): The Cross and the Lynching Tree. New York: Orbis Books.

 

Cone, James H. (2018): Said I Wasn't Gonna Tell Nobody: The Making of a Black Theologian. Maryknoll: Orbis Books.

 

Dahling-Sander, Christoph (2003): Zur Freiheit befreit. Das theologische Verständnis von Freiheit und Befreiung nach Martin Luther, Huldrych Zwingli, James H. Cone und Gustavo Gutiérrez. Frankfurt am Main: Lembeck.

Gautier, Dominik (2018a): Was tun, um den weißen Christus loszuwerden? Rassismuskritisches Lernen mit dem jungen Dietrich Bonhoeffer. Online: http://narrt.eaberlin.de/religionspaedagogik/veroeffentlichungen/rassismuskritik/gautier-bonhoeffer.pdf. Zuletzt abgerufen: 05.03.2021.

 

Gautier, Dominik (2018b): Theologie als Blues. Zum Tod von James H. Cone. Online: https://www.feinschwarz.net/theologie-als-blues-zum-tod-von-james-h-cone/ Zuletzt abgerufen: 21.03.2021.

 

Gautier, Dominik (2020): Auf der Suche nach einer rassismuskritischen Theologie in Deutschland. Zur Präsenz der „Black Theology“ in den Arbeiten Jürgen Moltmanns. Ökumenische Rundschau 69 (3), 378-389.

 

Lincoln, C. Eric (1974): Antwort aus schwarzer Perspektive. In: Evangelische Theologie, 34. Jg., S. 16-24.

 

Moltmann, Jürgen (1999): Erfahrungen theologischen Denkens. Wege und Formen christlicher Theologie. Gütersloh: Kaiser.

 

Sölle, Dorothee (1990): Gott Denken. Einführung in die Theologie. Stuttgart: Kreuz-Verlag.

 

Weitere Darstellung Cones:

Forum Weltkirche: https://www.forum-weltkirche.de/hefte/2021/heft-1/2021-rassismus-bekaempfen/james-cone/