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4 asiatische Theologinnen, die du kennen solltest

Wie viele asiatische Theologinnen kennst du?

Vielleicht geht es dir da wie mir: Nicht so viele. Dabei leben 60 Prozent der Weltbevölkerung in Asien! Höchste Zeit, sich mit weiblichen Stimmen aus diesem Kontinent näher auseinanderzusetzen.

Wir werden in den kommenden Wochen vier asiatische Theologinnen vorstellen, die uns begeistert haben. Dabei werden wir auf je eins ihrer Werke genauer eingehen.


o   Kwok Pui Lan (ST): Postcolonial Politics and Theology. Unraveling Empire for a Global World, Louisville: Westminster John Knox, 2021.

o   Nami Kim (RW): The Gendered Politics of the Korean Protestant Right. Hegemonic Masculinity, Cham: Palgrave Macmillan, 2016.


o   Lin Yii-Jan (NT): The Erotic Life of Manuscripts. New Testament Textual Criticism and the Biological Sciences, Oxford: Oxford University Press, 2016.


o   Havilah Dharamraj (AT): Judges, in: Dies. et al (Hg.): South Asia Bible Commentary. A one-volume commentary on the whole Bible, Rajasthan: Open Door Publications, 2015, 295–330.


Eine Liste mit 18 asiatischen Theologinnen findet ihr auch auf der Seite des Global Church Projects (https://theglobalchurchproject.com/18-asian-female-theologians/).

1 Kwok Pui Lan

1.1  Kwok Pui Lan – Postcolonial Politics and Theology. Unraveling Empire for a Global World

Empire

  • Theologie der Postkolonialität darf nicht dabei stehen bleiben, Diversität und religiöse Pluralität nur anzuerkennen
  • Theolog*innen dürfen im US-chinesischen Konflikt nicht in ein „wir gegen die“- oder „gut gegen böse“-Denken verfallen
  • „Theologians and ethicists must challenge empire – whether it is American empire, Chinese empire, or Sino-American empire” (S. 89)


Political Theologies from Asia Pacific

  • Kwok Pui Lan zieht vergleichende Verbindungen zwischen fundamentalistischem Christentum und dem konservativen neukonfuzianistischen Revival in China
  • Dagegen stärkt sie feministische Perspektiven aus dem asiatisch-pazifischen Raum und stellt sich auf die Seite der Proteste in Hong Kong 2019
  • Sie schlägt vor, Gott als ‚Gott der Zwischenräume‘ zu begreifen, in denen sich verschiedene kulturelle Strömungen, Menschenströme und Ideen treffen und verschmelzen


Über Kwok Pui-Lan

o   Kwok Pui-Lan lehrte u.a. bereits an der Chinese University of Hong Kong, am Union Theological Seminary und an der Yale Divinity School.

o   Aktuell ist sie Professorin für Systematische Theologie an der Candler School of Theology.

o   Sie forscht hauptsächlich zu asiatischer feministischer Theologie und postkolonialer Theologie.


Mehr von Kwok Pui-Lan

o   Teaching Global Theologies: Power and Praxis (co-editor). Waco, TX: Baylor University Press, 2015.

o   Occupy Religion: Theology of the Multitude. With Joerg Rieger. Lanham, MD: Rowman and Littlefield, 2012.

o   Postcolonial Imagination and Feminist Theology. Louisville, KY: Westminster John Knox Press, 2005.

o   Introducing Asian Feminist Theology. Sheffield: Sheffield Academic Press, 2000.

1.2  Zitate

·       “Postcolonial politics is global politics because colonial legacy and imperialistic administration continue to shape our world today, from responses to the Covid 19 pandemic, to the worldwide refugee crisis, to climate change.”

·       “A political theology of postcoloniality needs to be transnational and interreligious, committed to thinking with people of other religious traditions to build solidarity and alliances across boundaries for our common future.”


Literaturangabe: Kwok Pui Lan: Postcolonial Politics and Theology. Unraveling Empire for a Global World (2021), S. 38.

2 Nami Kim

2.1  Nami Kim – The Gendered Politics of the Korean Protestant Right. Hegemonic Masculinity

Die Protestantische Rechte in Korea

  • Die 1960er-1980er Jahre in Südkorea bezeichnet Kim wegen der militärischen Diktatur und dem extremen industriellen und wirtschaftlichen Wachstum des Landes als „hypermasculine developmentalism era“.
  • In dieser Zeit gewinnen protestantische Megachurches in Südkorea stark an Zulauf. Diese zeichnen sich u.a. durch einen antikommunistischen Kurs und eine vom prosperity gospel geprägte Theologie aus


Protestantische Rechte: Post-Hypermasculine Developmentalism Era

  • Nach der Demokratisierung in den 1990er Jahren etablierte sich die Protestantische Rechte als einflussreiche und gut organisierte Strömung in der südkoreanischen Gesellschaft
  • Nami Kim identifiziert die Aufrechterhaltung eines patriarchalen Männlichkeitsideals als ein Kernanliegen dieser protestantischen Rechten und belegt dies an der antiqueeren und islamophoben Haltung dieser Kirchen sowie der verbreiteten ‚Father School‘


Father School 

  • Das Kursprogramm Father School wurde 1995 von einer Megachurch in Seoul gegründet und bietet Kurse in 63 Ländern für Männer aller Altersgruppen an.
  • Die Teilnehmenden sollen lernen, ihre Führungsrolle in der Familie wahrzunehmen und auf positive und liebevolle Weise mit ihrer Frau und ihren Kindern zu kommunizieren.
  • Damit (so Nami Kim) versuche die protestantische Rechte, die gefallene Autorität von Männern als Familienoberhaupt wieder herzustellen, ohne deren Rolle als Versorger zu betonen. Damit werde hegemonische Männlichkeit umdefiniert, um das Patriarchat zu stärken.


Über Nami Kim

o   Nami Kim ist Professorin für Philosophie und Religionswissenschaften am Spelman College.

o   Sie beschreibt sich als “Befreiungstheologin der dritten Generation, verwurzelt in intersektionaler, transnationaler, antikolonialer und antiimperialer feministischer Verpflichtung.“

o   Nami Kim forscht zu Sex/Gender-Politik im Diskurs der protestantischen Rechten Südkoreas und zu Orientalismus in postkolonialer Theologie.


Mehr von Nami Kim

o   “When the Minjung Events Erupt: Protests from Korea to Hong Kong.” In "The Hong Kong Protests and Political Theology." Ed. Kwok Pui Lan and Francis Ching-Wah Yip. Rowman & Littlefield, 2021.

o   Feminist Praxis Against U.S. Militarism, co-edited with Wonhee Anne Joh. Lexington Books, Rowman and Littlefield, 2019.

o   Critical Theology against U.S. Militarism in Asia: Decolonization and Deimperialization, co-edited with Wonhee Anne Joh. Palgrave Macmillan, 2016.

2.2  Zitate

·       “The women’s movements, the LGBT human rights movement, the neoliberal economy, and the increase of transnational (im)migration have generated a range of challenges and responses to prevailing notions of masculinity and feminity, including hegemonic masculinity”

·       Hegemonic masculinity not only “justifies (or naturalizes) men’s domination of women but also induces conformity and complicity from individual men through various forms of reward and punishment.”


Literaturangabe: Nami Kim: The Gendered Politics of the Korean Protestant Right. Hegemonic Masculinity (2016), S. xif.

3 Lin Yii-Jan

3.1  Lin Yii-Jan – The erotic life of manuscripts

Erotik als Beziehungsmetapher

  • Lin Yii-Jan will die Vorannahmen und Metaphern der biblischen Textkritik offenlegen und dekonstruieren
  • Wenn sie von einem „erotischen Leben“ neutestamentlicher Manuskripte spricht, meint sie damit einerseits die vielschichtige Verwobenheit ihrer (Re-)Produktion in menschliche Beziehungsnetzwerke von Schreiber*innen (z.B. in mittelalterlichen Klöstern) und Theolog*innen im Laufe der Zeit
  • Andererseits bezeichnet sie damit auch die Ausdrucksweise der Textkritik selbst, die in sich im Laufe der Zeit immer wieder einer Ausdrucksweise von Familie oder Fortpflanzung bediente.


Biologie und Textkritik 

Lin Yii-Jan setzt die wissenschaftliche Entwicklung der Disziplin Textkritik in Beziehung mit jeweils zeitgenössischen biologischen Diskursen. Sie beschreibt, wie die frühen Textkritiker des 19. Jahrhundert die Manuskripte in Familien, Stämme und Nationen ordneten, ihnen entsprechend ihres geographischen Fundorts ‚Charakterzüge‘ zuwiesen und sich bei ihrer Beschreibung – wie in der zeitgenössischen Biologie – rassifizierten Vokabulars bedienten. Auf der Suche nach dem ‚reinen‘, dem ‚Urtext‘ wurden Manuskripte einer Wertung unterzogen, in der eine ‚Vermischung‘ als negativ galt. Die Erstellung umfangreicher Text-Genealogien setzt Lin mit der frühen Genetik in Verbindung; die Bemühung um ‚Reinheit‘ mit dem rassistischen Streben, eine Vermischung von races zu vermeiden.


Parallel zur zunehmenden Akzeptanz der Evolutionstheorie seien neutestamentliche Manuskripte mehr in ihrer geographischen, kulturellen und politischen kontextuellen Entwicklung betrachtet worden. Der neutestamentliche Text erschien nicht mehr als Produkt zunehmenden Verfalls, sondern als lebendiger, sich entwickelnder Organismus.

So wie bei der Dechiffrierung des menschlichen Genoms, verwendet auch die heutige Textkritik Computersoftware zur gründlichen Auswertung riesiger Datenmengen. Das Institut für neutestamentliche Textforschung in Münster erstellt so einen umfangreichen Stammbaum des neutestamentlichen Texts zur Beschreibung der Beziehung verschiedener Manuskripte.


Die Bibel als Cyborg?

„The focus on a living text neglects the only true living entity in the act of reading, transcribing, and exegesis: the human interpreter.” (S. 149)

Durch die ‘erotische’ Beschreibung von Manuskripten entlang biologischer Begrifflichkeiten entstünde, so Lin, der falsche Eindruck des neutestamentlichen Texts eines lebendigen Organismus. In ihrer Untersuchung deckt Lin allerdings auf, wie Wissenschaftler*innen den Text in ihrer Arbeit entsprechend ihres jeweiligen Horizonts interpretieren. Textkritik sei keine objektive Wissenschaft, sondern selbst Textproduktion. Daher schlägt sie vor, den neutestamentlichen Text nicht mehr als (Stamm-)Baum, sondern als Cyborg zu betrachten: Ein Produkt menschlich-maschineller Kollaboration, das kein eigenes erotisches Leben besitzt.


Über Lin Yii-Jan

o   Lin Yii-Jan ist Professorin für Neues Testament an der Yale Divinity School.

o   Sie ist Literaturwissenschaftlerin und Theologin und forscht zur Geschichte der Textkritik, der Offenbarung des Johannes, critical race theory und Immigration.

o   Aktuell schreibt sie an einem Buch über den Gebrauch der Johannesoffenbarung im politischen Diskurs um US-amerikanische Immigration.


Mehr von Lin Yii-Jan

o   “Our Cloud of Witnesses: A Writing of Hebrews 11:1-12:2 In Memory of the Asian and Asian American Women Killed March 16, 2021,” Journal of Biblical Literature 141(4): 761-783 (2022)

o   “Junia: An Apostle before Paul,” Journal of Biblical Literature, 139(1): 191-209 (2020)

o   “Semen, Philosophy, and Paul,” Journal of Philosophy and Scripture, 4(2): 32-45 (2007)

3.2  Zitate 

·       “As I surveyed the methods of ‘diachronic’ studies of the gospels, […] a language used by both these methods and those of literary theorists began to emerge: the language of family ties, sexual reproduction, genealogy, in short, an ‘erotic’ language of relationships pure and impure, productive, dangerous, and ambivalent.”

·       “This language in textual criticism is further complicated by racial terms, to speak of difference, mixture, and corruption.”


Literaturangabe: Lin Yii-Jan: The Erotic Life of Manuscripts. New Testament Textual Criticism and the Biological Sciences (2016), S. 7.

4 Havilah Dharamraj

4.1 Havilah Dharamraj – Judges (South Asia Bible Commentary)

South Asia Bible Commentary

Havilah Dharamraj ist Mit-Herausgeberin und Mit-Verfasserin des South Asia Bible Commentary – einem einbändigen Kommentar zu allen biblischen Büchern. Der Kommentar soll das Wort Gottes auf eine Weise interpretieren, die für kirchliche Mitarbeitende und Laien in Südasien relevant ist. Alle Verfasser*innen haben einen südasiatischen Hintergrund. Die biblischen Texte werden mit südasiatischen sozialen und politischen Kontexten in Beziehung gesetzt.


Das Buch der Richter

Dharamraj vergleicht die politische Situation in Richter mit dem politischen und religiösen Chaos in Indien zur Zeit der Unabhängigkeit. Sie betrachtet das Richterbuch als kunstfertiges Arrangement verschiedener Narrative, die den fortschreitenden Verfall Israels beschreiben. Dies verdeutlicht sie an der ersten und der letzten Frau im Richterbuch: Achsa (Ri 1:13-15) reitet sicher auf einem Esel und agiert als eigenständige Person. Die namenlose Nebenfrau des Leviten (Ri 19:28f) wird vergewaltigt und ermordet auf einen Esel geladen. 


Debora und Indira Gandhi

Dharamraj stellt fest, dass in Deboras Geschichte sowohl Debora als auch Barak und Jael Aspekte des Richteramts erfüllen. Ähnlich unklar sei die politische Führungssituation in Indien 1971 gewesen, als die Regierungspartei zerbrach und Indira Gandhis Fraktion sich gegen die Opposition durchsetzte. So wie Indira Gandhis Regierung, sei auch Deboras Führung von Teamarbeit geprägt gewesen.


Über Havilah Dharamraj

o   Havilah Dharamraj ist Professorin für Biblical Studies am South Asia Institute of Advanced Christian Studies.

o   Sie forscht zu Intertextualität und Comparative Literature und ist interessiert an biblischen Narrativen, narrativer Homiletik und Storytelling.

o   Sie möchte das indische kulturelle Erbe von Geschichten als didaktisches mündliches Medium neu in die christliche Praxis einbringen.


Mehr von Havilah Dharamraj

o   A Prophet Like Elijah?: A Narrative-Theological Reading of the Elijah Cycle. Paternoster Biblical Monographs Series. UK: Paternoster, 2011.

o   Altogether Lovely: A Thematic Intertextual Reading of the Song of Songs. Minneapolis, Minn: Fortress Press, 2017.

o   Ruth. Asia Bible Commentary Series. Langham Global Library, 2019.

4.2 Zitat

·      “In the book of Judges, the treatment of women is the barometer which periodically measures the rapidly degenerating moral climate in pre-monarchic Israel.”

·      “The treatment of women remains a barometer in the societies of South Asia. On one hand, each of the countries in the regions has had women premiers. On the other, conflict situations have seen the worst brutalities perpretated on women, for example, the rape of Manipuri women by the Indian army.” 


Literaturangabe: Havilah Dharamraj: Judges, in: Dies. et al (Hg.): South Asia Bible Commentary. A one-volume commentary on the whole Bible (2015), S. 298.