Mercy Oduyoye

Biographie

Mercy Amba Ewudziwa Oduyoye ist geboren auf einer Kakaofarm ihres Großvates in Amoana, Ghana im Oktober 1934. Ihre Mutter war der Akan-Gruppe angehörig. Die Akan sind eine ethnische Gruppe in Ghana, die der Ahnenverehrung eine hohe Bedeutung zumisst und matrilinear verläuft. Ihr Vater war methodistischer Pfarrer. [1]

Sie hat ihren Bachelor an der University of Ghana 1963 erhalten, einen zweiten Bachelorabschluss an der Cambridge University in 1965 sowie den Master in Cambridge 1969. Als lebenslanges Mitglied der methodistischen Kirche hat sie sich unermüdlich für ökumenische Bewegungen eingesetzt, sodass sie Sekretärin für junge Bildung im Weltkirchenrat von 1967 bis 1979 wurde. Ein paar Jahre später, von 1987 bis 1994, war sie dort Generalsekretärin. Als erste Frau war sie Präsidentin der Ecumenical Association of the Third World Theologians (EATWOT).

Oduyoye hat an der Harvard University, dem Union Theological Seminary und der University of Ibadan gelehrt. Ferner war sie Präsidentin der World Student Christian Federation. Als Professorin ist sie bekannt für ihre provozierenden Fragestellungen auch über Seminare hinaus. Oduyoye ist heute Direktorin des Institute of Women in Religion and Culture am Trinity Theological Seminary in Legon, Ghana und genießt den Ruf als “mother of African woman’s theologies”.

Theologie

Bereits in den 1970er Jahren stellte Oduyoye fest, dass männliche Theologen nur zu einer Hälfte der Bevölkerung sprachen. Die andere Hälfte waren Frauen, die eine bedeutende Rolle in Religionsausübung und -verbreitung spielten. Es ging ihr dabei weniger um die Konfrontation, sondern vielmehr um eine Balance zwischen männlichen und weiblichen Theologietreibenden. Ein Grund, warum sie 1989 den Circle of Concerned African Theologians gründete, um öffentlich ihrem Anliegen Raum zu geben. Der Circle ist eine Organisation, die Afrikanische Frauen motiviert, sich zu vernetzen und ihre eigenen Werke zu publizieren. 

In all ihren Tätigkeiten fokussiert sie sich auf die christliche Theologie aus einer afrikanisch-feministischen Perspektive. Als eine der bedeutendsten feministischen Theologinnen aus Afrika (vgl. Pemberton: Circle Thinking, S. 60) liegt ihre zentrale Perspektive darauf, wie Afrikanische Religion und Kultur die Erfahrung Afrikanischer Frauen beeinflusst. Dabei ist ihr bedeutsam, dass Afrikaner:innen ihre kulturelle Identität nicht aufgeben müssen, um sich ihrer christlichen Identität sicher zu sein (vgl. Pui-Lan: Mercy Amba Oduyoye and African Women’s Theology, S. 12). Oduyoyes Theologie gründet sich also auf eine Interaktion zwischen (westlichen) Formen von Christentum, die sie als Tochter eines methodistischen Pfarrers kennengelernt hat, und Afrikanischen Kulturen. Sie reflektiert kulturtheoretische Aspekte befreiend. 

Insgesamt vertritt Oduyoye mit ihrem kulturtheologischen Ansatz keine Theologie, die Anspruch auf umfassende Gültigkeit erhebt. Es geht ihr darum, dass sie als Afrikanische Theologin mit ihren Erfahrungen durch kontextuelle, kulturbezogene Theologie, die in ihren Werken zur Geltung kommt, einen Betrag zur „uncompleted Christianity“ (Robson: Art.: Review on Daughters of Anowa) leisten möchte. Daraus entsteht eine kulturelle Hermeneutik, die eine Wendung erkennen lässt weg von „the Western theology in which most of us have been nourished“ (Oduyoye: Art.: „Feminist Theology, African“, S. 113).

Mit dem kulturtheologischen Ansatz, indem Inkulturation eine große Rolle spielt, wird der befreiungstheologische Ansatz integriert. So kann von einem Transformationsprozess zwischen befreiungstheologischem und kulturtheologischem Ansatz gesprochen werden, der in einer Integration der beiden Ansätze während der 1980er/1990er Jahre mündete (vgl. Hock: Einführung in die interkulturelle Theologie, S. 62).

Werk

Die Hauptwerke Oduyoyes sind:

  • A Letter to my Ancestors (1999), online unter: http://www.wcc-coe.org/wcc/assembly/or-mo-e.html, zuletzt abgerufen am 31.01.2021. 
  • African Women’s Theology, Spirituality and Healing. Theological Perspektives from the Circle of Concerned African Women Theologians, Mahwah New Jesey 2019. 
  • Daughters of Anowa, Maryknoll New York 1999.
  • Re-membering me. The Memoirs of Mercy Amba Oduyoye, Ibadan 2019.
  • Art.: „Feminist Theology, African“, in: Letty M. Russell/J. Shannon Clarkson (eds.): Dictionary of Feminist Theologies, London 1996.
  • Introducing African Women’s Theology, in: Mary Grey/ Lisa Isherwood/ Catherine Norris/ Janet Wootton: Introductions in Feminist Theology 6, Sheffield 2001.
  • Wir selber haben ihn gehört, Freiburg/Schweiz 1988. 
  • Art.: „Feminist Theology, African“, in: Letty M. Russell/J. Shannon Clarkson (eds.): Dictionary of Feminist Theologies, London 1996, S. 112-114.

Rezeption und Kritik

Als „mother of African women’s theologies“ wird sie als eine bedeutende Stimme weltweit für eine afrikanisch-feministische Perspektive rezipiert (vgl. Wörterbucheintrag: in: Letty M. Russell/J. Shannon Clarkson (eds.): Dictionary of Feminist Theologies). Außerdem sieht sie die Bekämpfung von Aids/HIV als dingenden Arbeitsaspekt für Pfarrpersonen an und hält diesbezüglich weltweit Vorträge (vgl. Oduyoye: Woman in Africa, online unter: https://www.saintmarys.edu/spiritual-life/center-for-spirituality/madeleva-lecture-series, zuletzt abgerufen am 21.04.2021; oder: auf der Homepage des WCC: https://www.oikoumene.org/news/for-mercy-amba-oduyoye-hiv-and-aids-are-crucial-to-ministry, zuletzt abgerufen am 21.04.2021).

Folgender Aspekt wurde von Afrikanischen Theologen kritisiert: Oduyoye möchte das Christentum durch kulturelle spirituelle Ahnenstrukturen nicht nur unterstützen, sondern es viel mehr in einem neuen Blickwinkel betrachten, indem die Theologin Ahnenverehrung und Christentum als sich gegenseitig befruchtende Größen darstellt. Durch die konsequente Integration in die Ahnenkultur entstehen nach Meinung einiger Afrikanischer Theolog:innen synkretistische Strukturen (Vgl. Pemberton: Circle Thinking. African, S. 71).

[1] Ein Großteil der Informationen richten sich nach dem Artikel: Yolanda Smith: Mercy Amba Oduyoye, online unter: https://www.biola.edu/talbot/ce20/database/mercy-amba-oduyoye (zuletzt abgerufen am 17.04.2021).

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Literatur

Pemberton, Carrie: Circle Thinking. African Theologians in Dialogue with the West, Leiden/Bosten 2003.

 

Pui-Lan, Kwok: Mercy Amba Oduyoye and African Women’s Theology, in: Journal of Feminist Studies in Religion. Vol. 20, No. 1 (2004).

 

Robson, Elisabeth: Art.: „Review on Daughters of Anowa: African Women and Patriarchy by Mercy Amba Oduyoye“, in: Journal of Religion in Africa, 05/1998, Vol. 28.

 

Hock, Klaus: Einführung in die interkulturelle Theologie, Darmstadt 2011.