Marcella Althaus-Reid    


Biographie

Marcella Althaus-Reid wurde 1952 in Rosario in Argentinien geboren und ist 2009 in Edinburgh verstorben, wo sie zuletzt lebte.
Sie wurde römisch-katholisch getauft, studierte in Buenos Aires am wichtigen „Instituto Superior Evangelico de Estudios Teologicos“ und machte ihr Erstes Theologisches Examen in der Befreiungstheologie. In den folgenden Jahren arbeitete Althaus-Reid in armen Regionen und Stadtteilen von Buenos Aires in Sozial- und Gemeinschaftsprojekten, inspiriert durch Paulo Freire [1]. 1993, im Alter von 40 Jahren, erhielt sie ihren Doktorgrad an der St. Andrews Universität in Schottland und baute in den Nachbarstädten Dundee und Perth soziale Projekte auf. 1994 bekam Althaus-Reid eine Stelle als Dozentin an der Universität in Edinburgh und 2001 wurde sie
dort Hauptdozentin (vgl. The Herald 2009). Gekrönt wurde ihre universitäre Laufbahn, als sie 2006 als erste Frau in einen Lehrstuhl an der Universität Edinburgh berufen wurde und dort die Kontextuelle Theologie lehrte (vgl. LGBTQ Religious Archives Network 2009).

Einflüsse

Althaus-Reid muss zunächst von der Befreiungstheologie aus gedacht werden, doch geht ihre Theologie sehr viel weiter und fordert radikaler die Dekonstruktion von sexueller Unterdrückung und patriarchalen Strukturen (vgl. Queer Bible Hermeneutics 2016). In der Befreiungstheologie war Gender einer von mehreren Faktoren, doch stellt Althaus-Reid diesen Faktor in der Queeren Theologie in den Mittelpunkt. Es geht ihr nicht nur um das Erkennen von Marginalisierten, sondern darum, diese in Diskussionen einzubinden und die ganze Theologie zu verändern.

Theologie

Daraus gründet sie eine „Unanständige Theologie“ (Indecent theology), die die
Befreiungstheologie von einer queeren Perspektive aus begeht (vgl. Queer Bible Hermeneutic, 2016) und so ist Althaus-Reid eine Mitbegründerin der Queer-Theologie. Althaus-Reid lässt sich aber auch der „Theology of the margins“ im Allgemeinen zuordnen und der feministischen Theologie. Ein weiteres Thema, das ihr wichtig war, ist die Globalisierung, da sie diese in enger Verbindung mit den Marginalisierten und Armen sieht (vgl. The Herald 2009).

Werk

Die beiden ersten Bücher von Althaus-Reid sind wohl auch ihre wichtigsten. 2000 erlangt sie mit „Indecent Theology. Theological Perversions in Sex, Gender and Politics“ hohes Ansehen in der theologischen Welt und mit ihrem zweiten Buch von 2004 „The Queer God“ bestimmt sie die Diskussion ihrer Zeit mit (vgl. Center for LGBTQ & Gender Studies in Religion). Sie beschreibt einen Gott voller Liebe, der besonders für die Armen kämpft und alles Leben so akzeptiert, wie es ist. Das geht mit einer Dekonstruktion der heteronormativen Sichtweise zusammen (vgl. Queer Bible Hermeneutics 2016). Dadurch rückt die Theologie in die Wirklichkeit aller Menschen und besonders für die, die sich bisher nicht wiederfinden konnten, weil sie als nicht-anständig deklassiert wurden. In einem Artikel von 1999 „On Wearing Skirts Without Underwear: ’Indecent Theology Challenging the Liberation Theology of the Pueblo’. Poor Women Contesting Christ” bringt sie ihre unanständige Sicht auf Christus wie folgend zum Ausdruck: „If as the liberationists claim, Christ is neither male nor female in the sense that Christ represents the community of the poor, then Christ should be portrayed as a girl prostituted in Buenos Aires in a public toilet by two men.” (Althaus-Reid 1999) Daraus ergibt sich ein Gottesbild von dem ganz Anderen und Fremden, vom queeren Gott ( vgl. Althaus-Reid 2005).
Zusammen mit Lisa Isherwood bringt sie ab 2005 eine dreibändige Reihe „Queering theology“ heraus. Althaus-Reid wird als Gastdozentin und für Vorträge nach Europa, Lateinamerika und die USA eingeladen und sie verfasst viele Artikel für theologische Zeitschriften (vgl. LGBTQ Religious Archives Network 2009). Ihre Bücher sind auch ins Spanische übersetzt und bilden so einen Kontakt zwischen Theologen aus Süd- und Nordamerika (vgl. The Herald 2009).

[1] Paulo Freire ist ein brasilianischer Theologe, der für die Bewusstseinsbildung bei Erwachsenen und die
Volksbildung als Instrument der Demokratie gekämpft und viele Alphabetisierungsprojekte gegründet hat. Er wirkte
zwischen 1945 und 1997 und erlangte internationale Bekanntheit. (vgl. Paulo Freire Zentrum) 

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Literatur

  • ALTHAUS-REID, M.: On Wearing Skirts Without Underwear: “Indecent Theology Challenging the Liberation Theology of the Pueblo”. Poor Women Contesting Christ. Feminist Theology. 1999;7(20):39-51. [online] doi:10.1177/096673509900702004 [zuletzt abgerufen am 26.05.2021].
  • ALTHAUS-REID, M.: From the Goddess to Queer Theology: The State we are in now. Feminist Theology. 2005;13(2):265-272. [online] doi:10.1177/0966735005051952 [zuletzt abgerufen am 26.05.2021].
  • Center for LGTBQ & Gender Studies in Religion: Marcella Althaus-Reid Award, [online] https://www.clgs.org/our-work/education/marcella-althaus-reid-award/ [zuletzt abgerufen am 26.05.2021].
  • LGBTQ Religious Archives Network (2009): Dr. Marcella Althaus-Reid – Profile, [online] https://lgbtqreligiousarchives.org/profiles/marcella-althaus-reid [zuletzt abgerufen am 26.05.2021].
  • Paulo Freire Zentrum: Paulo Freire: Biographie, Paulo Freire Zentrum, [online] https://www.pfz.at/paulo-freire/paulo-freire-eine-kurzbiographie/ [zuletzt abgerufen am 25.05.2021]. 
  • The Herald (2009): Marcella Althaus-Reid, [online] https://www.heraldscotland.com/default_content/12382592.marcella-althaus-reid/ [zuletzt abgerufen am 26.05.2021].
  • Queer Bible Hermeneutics (2016): Marcella Althaus-Reid, [online] https://blog.smu.edu/ot8317/2016/05/09/marcella-althaus-reid/ [zuletzt abgerufen am 26.05.2021].